Aktueller Kommentar Dr. Koch 09.01.2025
Ziel 2025: Rückkehr zu den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft
Als im Jahr 2022 der Koalitionsvertrag der mittlerweile gescheiterten Ampel-Koalition veröffentlicht wurde, richteten sich zunächst einige Blicke überzeugter Marktwirtschaftler neugierig auf die Formulierung „Es gilt, die soziale Marktwirtschaft als eine sozial-ökologische Marktwirtschaft neu zu begründen." Inzwischen ist klar: Dieser Satz war bestenfalls die Schmuck-Banderole einer bewusst zusammengestellten Mogelpackung. Es ging nicht um die Fortsetzung der erfolgreichen Strategie einer durch abstrakte Regeln zivilisierten Selbststeuerung der Wirtschaft, eben der Sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards. Vielmehr war die „Neubegründung" der Startknopf für die Nutzung des Begriffs Marktwirtschaft in einem wohldurchdachten Projekt der Wirtschaftslenkung, für das Robert Habeck letztlich steht – und mit dem er gescheitert ist.
Aus alten Begriffen wurden Mogelpackungen
In den heraufziehenden Wahlkampfzeiten fallen solche eher allgemeinen Analysen immer unter den Verdacht der vereinfachenden parteipolitischen Kampfbegriffe. In diesem konkreten Fall wird es aber bei Antritt der nächsten Bundesregierung um eine fundamentale Frage für die Rückkehr zu Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gehen. Daher lohnt es sich, bei dem Versuch der aktiven Wirtschaftslenkung in den vergangenen drei Jahren genau hinzuschauen.
Zunächst kamen Begriffe, wie oben aus dem Koalitionsvertrag zitiert, durchaus gefällig daher. „Sozial-ökologische Marktwirtschaft" anstatt „Soziale Marktwirtschaft" – das könnte doch eine Chance sein. Schließlich hatte die CDU vor einigen Jahren auch versucht, die selbstverständliche ökologische Weiterentwicklung unseres Lebens und Arbeitens in ähnliche Begriffe zu fassen.
Erst mit dem Jahreswirtschaftsbericht 2023 wurde die Sache intellektuell konkreter. Hier sprach Robert Habeck erstmals von „transformativer Angebotspolitik". Wieder ein Begriff aus der traditionellen Wirtschaftswelt, kombiniert mit einem allen Interpretationen offenstehenden neuen Attribut. Angebotspolitik ist die wirtschaftspolitische Antwort, wenn es darum geht, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfähigkeit zu stärken. Wenn die Produktionskapazitäten unausgelastet sind, aber nicht aufgrund mangelnder Nachfrage, sondern wegen ineffizienter Rahmenbedingungen – zu hohe Steuern, überbordende Bürokratie, fehlende Infrastruktur, Innovationsschwäche –, kommt es auf angebotspolitische Elemente an. Passt also. Aber was ist „transformativ"?
Aus freiem Spiel wurde Staatslenkung
Dr. Elga Bartsch, seit Januar 2023 Abteilungsleiterin Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, und ihr Mitarbeiter Dr. Johannes Vatter haben in einer Publikation des Ministeriums (Schlaglichter der Wirtschaftspolitik 05/23) daraus eine konsistente inhaltliche Strategie abgeleitet. Diese entpuppt sich als eindeutiges Element des Lenkungswillens. Lesen Sie selbst: „Neben den heute akuten ökologischen Herausforderungen unterscheidet sich die aktuelle Phase der Wirtschaftspolitik auch deshalb fundamental von der Situation der 1970er oder 1980er Jahre, weil Arbeitslosigkeit heute kein zentrales Problem ist. [...] Auch hier gilt, dass klassische angebotspolitische Maßnahmen, die auf eine undifferenzierte Ausweitung der Produktionskapazitäten abzielen, die Nachfrage nach dem knappen Faktor (Arbeitskräften) noch erhöhen und etwa Personalengpässe in der Klimatransformation verschärfen könnten."
Die „neue“ Politik will also das Wachstum der Wirtschaft so lenken, dass durch Wachstum nicht in den „falschen" Sektoren Facharbeiter für den Klimawandel verloren gehen. Wer so anfängt, glaubt zu wissen, wo, wann und warum neues Wachstum entsteht. Ludwig Erhard war hingegen davon überzeugt, dass er genau das nicht weiß und es in einer den fairen Wettbewerb garantierenden staatlichen Ordnung dem freien Spiel der Kräfte überlässt. Erhards Konzept baute auf gleiche Bedingungen, wenige staatliche Subventionen, möglichst wenige Genehmigungserfordernisse und eine gute Infrastruktur. Habeck und seine Unterstützer wollten die Wirtschaft nach ihrem Bild entwickeln., Dazu brauchten sie Steuergelder und Subventionen en masse, viele Regulierungen und eine ideologisch geprägte Infrastrukturpolitik.
Erhards Prinzipien sind zeitlos gültig
Damit nicht genug. Schon um auch die sozialdemokratischen Wünsche in der Koalition zu berücksichtigen, sollte die transformierte Wirtschaft auch die staatlich geplante soziale Gerechtigkeit bis ins Detail verwirklichen. Um noch einmal Habecks Beamte sprechen zu lassen: „Eine Schwäche der angebotspolitischen Ansätze früherer Phasen bestand in ihrer verteilungspolitischen Wirkung. In jenen Ländern, die etwa unter Verweis auf angebotspolitische Rezepte Steuersenkungen bei Unternehmen und Haushalten mit hohen Einkommen vorgenommen haben, zeigte sich meist eine deutliche Zunahme der materiellen Ungleichheit. [...] Allein die gesellschaftspolitische Akzeptanz der Transformation verlangt jedoch, dass eine angebotspolitische Reformagenda nicht zu einer erneuten Zunahme von Ungleichheit führt, sondern eher zu einer verbesserten ökonomischen Teilhabe."
Im alltäglichen Regieren wurden daraus politische Mindestlöhne, Tariftreuegesetz (scheitert jetzt im Bundestag), restriktive Arbeitszeitvorschriften und das Bürgergeld. Auch hier wären die Prioritäten Ludwig Erhards klar gewesen: möglichst wenig Regulierung der Arbeitszeit (immer Vorrang von Betriebs- und Tarifvereinbarungen), keinen staatlich festgesetzten Mindestlohn (am besten gar kein Mindestlohn), deutliches Lohnabstandsgebot in der sozialen Sicherung und strenge Anforderungen, sich nach der eigenen Leistungsfähigkeit selbst zu versorgen.
Vordergründig ist die Ampel-Regierung am mangelnden Geld gescheitert, nachdem der Coup des früheren Finanzministers Olaf Scholz vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden war. Man muss der FDP attestieren, dass sie es schließlich war, die die Bilanz des Scheiterns benannt hat: der schwerste und langwierigste Einbruch unserer Wirtschaft, der Verlust internationalen wirtschaftlichen Vertrauens und ein Ausbleiben von Investitionen, ein überall spürbarer Regulierungsinfarkt und das Scheitern einer wettbewerbsfähigen Klimapolitik.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verantwortet die Havarie der deutschen Wirtschaft aufgrund falscher, ideologisch motivierter Annahmen, wie Marktwirtschaft, Freiheit und Wachstum zusammenhängen. In manchen seiner aktuellen Äußerungen gewinnt man den Verdacht, er beginne seinen Fehler zu erkennen, aber es ist eben zu spät. Wäre der Koalitionsvertrag in Bezug auf die Soziale Marktwirtschaft keine Mogelpackung gewesen, hätte es so weit nicht kommen müssen.
Das zeigt aber auch: Das neue Jahr kann Wechsel und Änderung bringen. Es ist gar nicht so schwer. Sie haben es jetzt selbst in der Hand. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes, erfolgreiches und friedvolles Jahr 2025.